Saturday, August 24, 2013

Widerspruch nicht erlaubt - Zensiert bei Donner und Doria - 5

Hier sind zwei Kommentare von mir, die bei Ulrich Kulkes Blog "Donner und Doria" in dem thread "Klimawandel und Gewalt. Haltlose Studie. Erfrischende Diskussion" zensiert wurden. In dem Kommentar ueber die Studie von Marcott et al., Science (2013), doi: 10.1126/science.1228026, in der die Autoren eine Rekonstruktion der Holocene-Temperaturen vorlegen, war ich etwas unpraezise. Eine praezisere Wiedergabe der Ergebnisse ist die Aussage, dass ueber nur 100 Jahre die globale Mitteltemperatur von einem Wert aus den kaeltesten 5% der Verteilung der Holocene-Temperaturen auf einem Wert angestiegen ist, der im waermsten Viertel der Verteilung der Holocene-Temperaturen liegt.

Hier sind die zwei Kommentare:

1:

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Gruenin schreibt:

In dem Artikel von Marcott et al. steht (Seite 1198), dass "...The 73 globaly distributed temperature records used in our analysis (...) have sampling resolution ranging from 20 to 500 years". Diese Genauigkeit reicht nicht aus, um Ihre Behauptung zu begründen. Hier werden kurzfristige (sagen wir 100-200 Jahre dauernde) Temperaturspitzen weitgehend glatt gebügelt.

Ist das ein Fakt? Wird das in irgendwelchen "Skeptiker"-Blogs so behauptet? Da Sie das englischsprachige Zitat weiter unten bringen, vermute ich, dass Sie in solchen nach Argumenten gegen Marcott et al. gesucht haben. Sind Sie sich sicher, dass Sie unvoreingenommen an die Studie herangegangen sind, nicht bereits mit der Meinung als Ausgangspunkt, dass die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen falsch sein muessen? Dass Sie offensichtlich glauben, diese Studie bereits nach kurzem Anschauen vom Tisch wischen zu koennen, erweckt bei mir den Eindruck, letzteres duerfte eher der Fall sein.

Zu Ihrer Behauptung habe ich zwei Punkte als Entgegnung:

1. Sie nehmen an, dass die globale Mitteltemperatur waehrend des Holocenes Ausschlaege, die dann wieder voellig verschwinden wuerden, um mehrere Grad innerhalb von nur 100 - 200 Jahren zeigen wuerde. Und Sie behaupten, dass man solche wieder verschwindenen Ausschlaege der globalen Mitteltemperatur in keiner der Proxydaten sehen wuerde, nicht mal in denen mit hoher zeitlicher Aufloesung. Korrekt? Wie Sie ja selbst sagten, die zeitliche Aufloesung der Daten ist 20 bis 500 Jahre. Solche starken Aenderungen innerhalb nur 100 bis 200 Jahren muessten ja dann zumindest in den zeitlich hoeher aufloesenden Proxydaten zu sehen sein. Ich sehe auch nicht, dass Sie eine physikalische Erklaerung fuer solche starken kurzfristigen Ausschlaege der globalen Mitteltemperatur haetten, die innerhalb nur weniger Jahrzehnte auftreten sollen. Eine Ausschlag um 4 deg C. zum Beispiel waere ja schon mehr als der halbe Weg der globalen Temperaturaenderung zwischen Maximum der letzten Vereisung und Holocene-Level. Was wuerde sowas verursachen?

2. Sie haben anscheinend nicht gesehen, dass die Autoren der Studie die Robustheit der Ergebnisse bzgl. der Frage getestet haben, ob hoeherfrequente Variabilitaet, die durch die gegebene zeitliche Aufloesung nicht ausreichend repraesentiert wuerde, diese Ergebnisse veraendern koennten. Das Ergebnis dieser Tests ist, dass tatsaechlich hoeherfrequente Variabilitaet verlorenengegangen ist, aber nicht in dem Ausmass, dass die zwei zentralen Schlussfolgerungen nicht mehr gueltig waeren:

a) Die heutige globale Mitteltemperatur liegt bereits nahe des oberen Endes der Temperaturvariationen, die waehrend des Holocenes aufgetreten sind.

b) Mit einer weiteren globalen Erwaermung, wie diese projiziert wird, wird die globale Mitteltemperatur am Ende des Jahrhunderts jenseits der Temperaturen liegen, die im waermeren Teil des Holocenes 10000 bis 5000 Jahre B.P. erreicht wurden.

Ich vermute uebrigens, dass sich die 1 bis 4 deg. C Temperaturvariation, bzgl. der Sie sich bisher weigern, die spezifischen wissenschaftlichen Referenzen zu nennen, auf lokale oder regionale Aenderungen bezieht, nicht auf die global gemittelte Temperaturvariation. Lokale und regionale Variationen haben waehrend des Holocenes ja tataechlich eine groessere Amplitude gehabt.

Und Sie sprechen nur von "menschlichen Aktivitäten", die ja nicht für die ganze Variabilität der globalen Temperatur verantwortlich sind!

Mir ist nicht klar, auf welche Aussage von mir Sie sich hier spezifisch beziehen. Ich habe nirgends eine Aussage getroffen, wonach die gesamte globale Temperaturvariabilitaet auf menschliche Aktivitaeten zuruckzufuehren waere.

Übrigens, das ist schon hart, dass eine renommierte Zeitschrift wie Science Arbeiten veröffentlicht, die "fail to meet the paper's criteria for statistical robustness."

Wie kommen Sie auf die Behauptung? Wer behauptet das? Es handelt sich hier ja anscheinend um ein Zitat, das hier von Ihnen gebracht wird. Hat das irgendjemand nachgewiesen, dass das auf das Paper von Marcott et al. zutreffen wuerde, was in dem Zitat behauptet wird?

Uebrigens, wie soll eine wissenschaftliche Zeitschrift wie Science das ueberhaupt ueberpruefen koennen, ob die Ergebnisse einer Studie, die bei der Zeitschrift eingereicht werden, statistisch robust sind oder nicht? Ausser wenn ein Paper bereits so schwerwiegende Fehler in der statistischen Methodik enthaelt, dass diese bereits waehrend des peer-review-Prozesses offensichtlich werden, duerfte es schwerlich moeglich sein, sowas bereits vor der Veroeffentlichung herauszufinden.

Wenn jemand glaubt, die Ergebnisse der Studie von Marcott et al. sind falsch und koennen widerlegt werden, dann muss die/derjenige, die/der das behauptet, sich schon die Muehe machen, eine entsprechende Studie in einer peer-reviewten Fachzeitschrift zu veroeffentlichen und darin die eigenen Ergebnisse vorlegen, d.h. sich den gleichen wissenschaftlichen Standards zu stellen, die auch fuer andere Wissenschaftler gelten. Behauptungen in irgendwelchen "Skeptiker"-Meinungsblogs aufzustellen, ist nicht ausreichend, um die Studie zu widerlegen.

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2:

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Gruenin schreibt:

Der Begriff der Wahrscheinlichkeit scheint einfach zu sein, weil alle ihn benutzen, ist aber nicht. Machen Sie mal einen Test und bitten Sie z.B. einen Klimaforscher darum, dass er Ihnen in 5-10 Sätzen erklärt, was das eigentlich bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit der Klimasensitivität gleich 66% ist. Was bedeutet das eigentlich?

Na so formuliert, wuerde ich auch nicht wissen, was das bedeuten soll. Aber das ist ja nicht das, was gesagt wird, sondern die Aussage ist eine ueber den Wert der Wahrscheinlichkeit, dass die Klimasensitivitaet in einem Temperaturintervall (T1,T2) liegt. Weiter unten in Ihrem Kommentar ist Ihre Formulierung dazu dann aber praeziser.

Ich habe nicht überprüft, ob es in dem IPCC-Bericht steht, welche Interpretation der Wahrscheinlichkeit benutzt wird.

Das ist eben das Problem, und es ist anscheinend ein typisches MO bei "Klimaskeptikern", Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Forschung zum Klima des Planeten als falsch zu deklarieren, ohne die wissenschaftliche Literatur, die Aussagen und Argumentationsfuehrung in dieser zum Thema tatsaechlich zu kennen. Fuer mich ist das uebrigens ein Indiz, dass erkenntnisbezogene wissenschaftliche Motive nicht hinter der Ablehnung stehen, sondern andere Motive, z.B. politische/ideologische.

So stellen Sie hier starke Behauptungen zu den Aussagen zur Klimasensitivitaet auf, die im IPCC-Report getroffen werden. Sie machen sich aber ueberhaupt nicht die Muehe, sich erst mal mit den Argumenten und Grundlagen der Aussagen im IPCC-Report zu beschaeftigen. Das wuerde auch erfordern, die wissenschaftliche Literatur zu dieser Frage zu lesen, auf die sich im IPCC-Report gestuetzt wird, in der z.B. die verwendete Bayesian Methodik erklaert wird, um Wahrscheinlichkeitsaussagen ueber die Klimasensitivitaet herzuleiten.

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